CONRAD WILHELM HASE

Begründer der Hannoverschen Backsteingotik

Conrad Wilhelm Hase (1818–1902) war ein angesehener Professor an der Technischen Hochschule Hannover, der ab 1875 umfassende Restaurierungspläne für das Alte Rathaus entwarf. Hase war ein leidenschaftlicher Bewahrer historischer Baukunst: Sein unerschütterlicher Glaube an die Schönheit und Authentizität mittelalterlicher Architektur trieb ihn stets an, jede noch so kleine ursprüngliche Bautechnik zu erforschen und bewusst wiederaufleben zu lassen. Man erzählt, dass er oft stundenlang mit Maurern und Steinmetzen diskutierte, um selbst die feinsten Details persönlich zu begutachten und die Handwerker mit seiner Begeisterung anzustecken.

Conrad Wilhelm Hase in historischem Anzug sitzt auf Stuhl, hält Zeichenwerkzeug, vor Skizze eines Gebäudes an Staffelei

Conrad Wilhelm Hase an der Staffelei, um 1866
© Historisches Museum Hannover

Baumeister-Gilde mit 20 Männern in historischer Kleidung, einige halten Bauwerkzeuge, vor einem Gebäude

Conrad Wilhelm Hase im Kreis seiner Architekturschüler, um 1890 © Historisches Museum Hannover

Hase hatte ein feines Gespür dafür, wie ein Gebäude von innen heraus erzählen kann: Er war überzeugt davon, dass jede später vorgenommene Veränderung die Seele eines Hauses verwischt. Sein Stil – als „Hannoversche Schule“ bezeichnet – zeichnete sich durch eine konsequente Wiederaufnahme spätmittelalterlicher Bautraditionen aus: Backstein als Leitmaterial, sorgfältig gearbeitete Blendarkaden und teils plastische Terracottafriese sowie eine malerische Asymmetrie setzten bewusste Kontrapunkte zu nüchternen Neorenaissance- oder Neoklassizismus-Entwürfen. Hase entfernte bei seinen Restaurierungen oft spätere Einbauten, um ein idealisiertes Mittelalterbild zu rekonstruieren, und ergänzte fehlende Bauteile (etwa einen Treppenturm) in moderater, aber eigenständiger Formensprache.

Wer mit Hase zusammenarbeitete, berichtet von seiner aufrichtigen Wärme und seinem Humor im Umgang mit Studierenden: Er nahm sich Zeit, ihnen nicht nur technische Kniffe beizubringen, sondern sie auch emotional für die Bedeutung gotischer Formen zu gewinnen. Seine Neugier trieb ihn an: Er betrachtete Hannover nicht nur als Studienobjekt, sondern als lebendiges Gesamtkunstwerk, in dem jede Backsteinkante und jeder Giebel ein Kapitel erzählte. Typisch ist auch der behutsame Umgang mit historischer Substanz: Neu hinzugefügte Bauteile werden durch klare Fugen und Materialkontraste von der Altbaufassade getrennt, sodass der Sinn für mittelalterliche Proportionen erhalten bleibt, gleichzeitig aber die Baugeschichte ablesbar bleibt.

Gotische Christuskirche in Hannover mit spitz zulaufendem Turm und roten Backsteinfassaden
Die Christuskirche wurde von 1859 bis 1864 als Residenzkirche Georgs V. erbaut.

In Hannover prägt Hases Handschrift das Stadtbild durch Gebäude wie das Alte Rathaus, dessen Innenhoffassade („neues Atrium“) mit ihren Rundbogenarkaden und Terracottadekorationen zum grundlegenden Werk der Hannoverschen Schule zählt. Auch seine anderen Bauten, wie das Künstlerhaus in der Sophienstraße , die Christuskirche in der Nordstadt oder die Erlöserkirche in Linden prägen die Architektur Hannovers. Seine Balance aus Rückbesinnung auf die Gotik und eigenständiger Neuschöpfung macht Hases Bauten in Hannover einzigartig – sie vereinen Authentizität, handwerkliche Details und eine lebendige Raumwirkung, die bis heute Besucher fasziniert.

Fassade des Künstlerhauses Hannover mit roten Backsteinmauern und großen Bogenfenstern
Künstlerhaus Hannover

Anfragen und weitere Informationen: assistenz@hrg-hannover.de

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